Am kommenden Freitag, den 24. April, beginnt der Monat Ramadan. Muslime fasten dann bis zum 23. Mai und beenden das Fasten mit dem Ramadanfest (Id al-Fitr) am 24. Mai. Doch nichts wird so sein, wie es in den vorangegangenen Jahren war. Die Zentren muslimischen Lebens, unsere Moscheen sind derzeit geschlossen. Die traditionellen Iftarempfänge mit Vertretern der Politik, Wissenschaft, Kirchen und anderen gesellschaftlichen Institutionen wurden abgesagt. Nach wie vor laufen die Gespräche mit Politik und Wissenschaft darüber weiter, mit welchen Konzepten im Falle von Lockerungen religiöses Leben in Gotteshäusern ermöglicht werden können. Noch sind gemeinschaftliche Gottesdienste nicht in Aussicht und zum Schutze aller müssen wir uns einschränken. Der Schutz des Körpers und des Lebens ist ein Grundpfeiler unserer Religion. Es wird kein Ramadan, wie wir ihn kennen, dennoch ist es ein besonderer Monat. Im Koran sagt Allah (t) über diese Zeit folgendes:
Der Monat Ramaḍān (ist es), in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist und als klare Beweise der Rechtleitung und der Unterscheidung. Wer also von euch während dieses Monats anwesend ist, der soll ihn fasten, wer jedoch krank ist oder sich auf einer Reise befindet, (der soll) eine (gleiche) Anzahl von anderen Tagen (fasten). Allah will für euch Erleichterung; Er will für euch nicht Erschwernis, – damit ihr die Anzahl vollendet und Allah als den Größten preist, dafür, dass Er euch rechtgeleitet hat, auf dass ihr dankbar sein möget. (Sure 2, 185)
Darin lesen wir den hohen Wert, den der Ramadan für jeden einzelnen von uns hat. Wenn nun auch das gemeinschaftliche Leben in den Moscheen eingeschränkt wird, bleibt uns doch die stärkere Beschäftigung mit dem heiligen Koran. Nicht umsonst ist der Ramadan auch der Monat des Koran, denn in dieser Zeit wurde er uns Menschen geschenkt. Dieses Geschenk beachten wir in unserem Alltag oft nur selten. Daher können wir diese Zeit nun als Chance begreifen, uns in Ruhe mit dem Wort Allahs zu beschäftigen. Mit dem Verzicht auf Nahrung während des Tages und der Reflektion über das eigene Leben bietet der Ramadan für uns die Möglichkeit, unsere Lebensweise zu überdenken.
Zudem können unsere Gebete und Koranrezitationen zwischen unseren vier Wänden in dieser schwierigen Zeit uns Halt geben. „Erleuchtet eure Häuser durch Verrichtung des Gebetes und durch die Rezitation des Korans.“, so unser geliebter Prophet.
Viele schauen mit Sorge auf die Zeit nach der Corona-Pandemie. Es geht die Angst umher, wie sich unsere Gesellschaft womöglich zum negativen verändern könnte. Als Muslime wissen wir, dass Allah (t) immer bei uns ist. Er ist uns näher als unsere Schlagader. Wir wissen auch, dass Er uns nichts aufbürdet, was wir nicht tragen können. Deshalb seid versichert, dass wir diese Zeit und die Zeit danach meistern können. Wie wir sie meistern, liegt an uns. Der Ramadan ist nun eine Chance über dieses „Wie?“ zu reflektieren. Nach dem Ramadan können wir dann inshaAllah gestärkt im Glauben daran gehen, dies umzusetzen.
In diesem Sinne lade ich uns alle dazu ein, uns auf den kommenden Ramadan einzulassen und diese Chance zu nutzen. Ich wünsche uns allen die Geduld die Veränderungen in dieser Zeit anzunehmen, die Einsicht die Chancen darin zu erkennen und die Kraft sie umzusetzen. Ich wünsche uns allen einen gesegneten Ramadan.
Burhan Kesici
Berlin, 21.04.2020