„Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen“, sagte der Vorsitzende des Islamrates für die Bundesrepublik Deutschland anlässlich der Äußerungen des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Integrationsministers in NRW Joachim Stamp und der Staatssekretärin im Integrationsministerium NRW, Frau Serap Güler über ein mögliches Kopftuchverbot für junge Musliminnen.
„Herr Minister Joachim Stamp und Frau Staatssekretärin Serap Güler haben gestern versucht, eine Diskussion über mögliches Kopftuchverbot für junge Musliminnen bis zum 14. Lebensjahr anzustoßen. Hintergrund ihrer Forderung sei, dass jungen Musliminnen das Kopftuchtragen aufgezwungen werde. Sie sprachen sich dafür aus, jungen Musliminnen das Kopftuchtragen bis zur Religionsmündigkeit zu verbieten. Nicht nur in der Schule, sondern auch in der Öffentlichkeit. Diese Debatte ist populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer. Die Vorstellung, muslimischen Mädchen würde das Kopftuchtragen aufgezwungen, ist überholt und widerspricht der verbreiteten Lebensrealität von Muslimen in Deutschland. In einigen wenigen Fällen mag diese Behauptung vielleicht zutreffen. Jedoch wegen einer vermuteten Minderheit nun bei allen jungen Musliminnen die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit einzuschränken, ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig. Und für die Fälle, wo das Tragen des Kopftuches tatsächlich aufgezwungen wird, gilt: In der Religion gibt es keinen Zwang! Als eine islamische Religionsgemeinschaft sehen wir es als unsere selbstverständliche Aufgabe, vor allem muslimische Mädchen in allen Lebenslagen zu stärken, sie beim Entdecken ihres eigenen Weges beistehend zu begleiten, aber auch vor jedem Zwang und Verbot der Religiosität zu schützen. Junge Musliminnen dürfen in ihrer Beziehung zu Allah und der Entdeckung bzw. Entwicklung ihrer eigenen Religiosität keinem Zwang und keinen platten Verboten ausgesetzt werden. Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen.
Die pauschalisierende Art, wie die in dem Bundesland mit den meisten muslimischen Einwohnern für Integration verantwortlichen höchsten Amtsträger das Thema kommunizieren, impliziert, als ob die religiöse Entscheidung von minderjährigen Musliminnen, einen Kopftuch zu tragen, nur unter einem vermeintlichen Zwang erfolgt.
Weiter widerspricht ein Kopftuchverbot der Hauptaufgabe und dem Zweck eines jeden Integrationsministeriums oder einer Integrationsbehörde: Um Anerkennung unterschiedlicher religiöser und kultureller Vielfalt in der Gesellschaft zu werben und bei der Schaffung des nötigen Rahmens für ein harmonisches vielfältiges Miteinander die notwendigen Impulse zu geben. Ein Kopftuchverbot liegt in diesem Kontext völlig daneben. Hingegen sehen sich insbesondere kopftuchtragende Musliminnen vor tagtäglichen Diskriminierungen ausgesetzt: Sei es im Beruf, oder im Studium oder auf dem Wohnungsmarkt. Zahlreiche Studien belegen dies. Hier gibt es noch viel zu tun. Und hier kann das Integrationsministerium den an sich selbst gestellten Auftrag gerecht werden und mit anpacken“, sagte Kesici weiter.
Berlin, den 07.04.2018